Verantwortung



Wenn jemand es geschafft hat, in sich das Bewusstsein und den Willen auszubilden, vor sich selbst wahrhaftig zu sein und anständig zu leben, dann hat diese Person bereits eine Herkulesarbeit geleistet.


– Denn es geht darum, Gewissheit erlangt zu haben, dass es allen anderen Theoremen zum Trotz das allein Richtige ist, vor sich selbst wahrhaftig zu sein; denn es geht darum, Gewissheit erlangt zu haben, dass es gegen alle anderslautenden Theoreme und Anfechtungen das allein Richtige ist, sein Leben anständig zu führen; denn es geht darum, Gewissheit darüber erlangt zu haben, was das denn für einen inhaltlich bedeute, anständig zu sein; denn es geht um nicht weniger als darum, sich geistig mit der Welt versöhnt zu haben; schließlich geht es darum, dass solches Bewusstsein Wille geworden ist. –

Wenn also jemand zu einer derartigen Bewusstseinshöhe und der entsprechenden Willensstärke gelangt ist, dann muss er/ sie diese Haltung auch noch bewähren, Tag für Tag, Situation für Situation, in der Abgeschlagenheit, der Erschöpfung, im Schmerz, in den Anflutungen von Angst, Furcht, Gier, Zweifeln, im Glück, in den vielfältigen Ungewissheiten.

Wir alle müssen durch dieses Leben. Die charakterlich niederen wie die höheren Menschen trifft das Schicksal. Wieso es abzulehnen sei, ein charakterlich höherer Mensch zu sein, weil von einem höheren Menschen mehr erwartet werde, gehört zum Maya, in dem wir gehalten werden, und das wir aus unserer Gier oder unseren Ängsten heraus selbst mitproduzieren. So als wenn es das Geschehen leichter ertragen ließe, wenn man der Eigenverantwortung entginge. Man kann aber der Verantwortung für sich und ggf. andere nicht entgehen. Wenn man die Eigen- und Fremdverantwortung negiert, verliert man sie darum doch nicht. Und wenn man zunächst die Hürde der Verantwortungsanforderung bei eigenem Verhalten unterläuft, entstehen Schuld und Reue. Was also hat man gewonnen?

Und was folgt aus der Verantwortungslosigkeit? Ein Leben zu Lasten anderer. M.a.W.: man wehrt ab, dass vom Individuum zu viel verlangt werden dürfe, und diese Entlastung hat als Kehrseite die Belastung anderer – was für ein Irrsinn, was für eine abstoßende Gier hinter diesem Konzept.


Aber auf diese Weise hält man die Menschen leichter kalkulierbar. Die Grunddifferenz: aus Prinzipien oder aus Interessen heraus zu handeln, soll nicht in der Tiefe auszulotendes Allgemeingut der Individuen werden.

Warum also nicht durch Selbstanalyse, wozu auch die Meditation einzusetzen ist, auf den Grund dessen gelangen, was auf der einen Seite die Ängste und die Gier in einem fordern, und was auf der anderen Seite das positive Proprium der Bilanz ausmacht? Beide Themen sind gleich wichtig, sie machen uns uns selbst sichtbar und lassen uns uns steuern.