Der Weg des Geistes



Bei den meisten Menschen ergibt sich das Leben einfach irgendwie – eins kommt zum anderen. Einige haben wohl einen Lebensplan; sie haben eine bestimmte Karriere im Auge, die Gründung einer Familie, das Erreichen eines Wettkampfziels, eine Reise, und so fort. Was fehlt, ist das ethische Konzept. Das aber gerade wird zumeist gar nicht als fehlend empfunden. Der normativen Vorgaben seien genug, soziale und rechtliche Normen, der Lebenskampf, der Alltag, das Verfolgen des Lebensplans, die Umstände, das Schicksal – damit zuwege zu kommen, sei Aufgabe genug. Das Geschehen, in das man eingewoben sei, habe seine je eigenen Gesetze, für die persönliche Gestaltung bliebe letztlich doch wenig Raum. Ethik sei etwas für diejenigen, die Muße hätten, wer in der Lebenswirklichkeit bestehen müsse, bewältige Situation für Situation, bestenfalls, ansonsten habe man mit Scheitern und Stress fertig zu werden, oder das bisschen Freude zu feiern, individuelle ethische Konzeptbildung sei weltfremd.


Außerdem: was nutze es? Was könne man denn für sich bei Anstand erreichen, was gesellschaftsbessernd bewirken?

Die Mauern der Apathie, der Bösartigkeit, Bequemlichkeit, Angst, der Verblendung, etc. sind äußerst fest gefügt; selbst wenn man eine Bresche schafft, dann muss man dahinter erst noch urbar machen. Es geht nicht um Staumauern, bei denen es zu einem Abfließen des Schlechten in diesen Menschen kommen würde, eine Reinigung wie von selbst, wenn man nur erst einmal verstanden, also die Mauer durchbrochen hat. Nein, es ist wüstes Land fruchtbar zu machen.

Man fange ‘mal bei sich selbst an. Schiele nicht so sehr auf Außenwelterfolge, sondern finde einen Einklang mit sich. Dass man dazu befähigt ist, ist das Geschenk. Ansonsten warte man nicht auf Geschenke. Und immer wieder wird man sich überrascht, oft auch beschämt, als beschenkt empfinden.

Die Einwirkung auf andere, Gruppen, die Gesellschaft – hat ihre je eigenen Mechanismen. Es ist ein Tasten, das Manipulationsfuror, soziale Inkompetenz, Abscheu, Enttäuschung, goldene Zukunftsträume, und so fort in Balance zu bringen hat.

Ein Unterfangen ist nicht sinnlos, nur weil man ‚ein Ganzes‘ nicht erreicht. Sinnlos wäre das Unternehmen nur, wenn es null Erfolgschance gäbe.

Zur geistigen Entwicklung gehört, reichlich desillusioniert zu werden, aber nicht zu resignieren. Dass man für alles im Leben einen Preis zahlt, sollte klar sein. Wenn die Kosten im Ideellen liegen, erscheinen sie manchem zunächst als vernachlässigbar. Dabei ist das Ideelle die Basis für die Würdigung unseres individuellen Seins.


Am Ende sollte stehen: Ich habe ein erfülltes Leben gehabt. Ich bin ein glücklicher Mensch. Ich bin den Weg des Geistes gegangen.