Was west alles unter dem dünnen Überzug von Menschenhaut?



Gier, Feigheit, Faulheit und Wahrheits-, Freiheits-, Liebes-, Schönheitsfähigkeit. Es ist falsch, das nicht zusammen zu sehen, so ist der Mensch. Das menschliche Leben ist Auseinandersetzung, die sich zum Kampf steigern mag, es hält aber auch Glück und Wohlbefinden bis zur Eudaimonia bereit: damit gilt es, fertig zu werden. Dabei darf man sich nicht im Augenblick verlieren, damit verstellte man sich die guten Möglichkeiten, die in einem besonnenen Lebensüberblick geborgen warten, und sackte ab in das Animalische bloßer Reiz-Reaktion.

Wenn man zunächst tiefer über das Leben nachdenkt, hofft man womöglich, mit einem Schrei zu erwachen, einen Albtraum hinter sich lassen zu können. Wenn man aufhört, in Kategorien vordergründigen, unmittelbaren Wohlbefindens zu denken, offenbart das Leben jedoch tiefe Schönheit.

Wir machen uns nur etwas vor: wir können uns nicht dem Augenblick entlastet überlassen, genau so wenig wie wir entlastet ein Leben der Verantwortungslosigkeit dahinleben können, denn: wir überschauen mehr, wir vermögen mehr, der Verantwortung für unsere Handlungen können wir uns nicht entziehen, wir sind höhere Wesen.

Man muss schon ins Detail denken, um sich klar zu machen:
-    welches Wunder bietet die Welt und bieten Gefühle!
-    wie viel geschehen musste, um zur Zivilisation zu gelangen! Wie wenig ihr Wert Allgemeingut ist! Wie schnell sie verloren, schlimmstenfalls verspielt werden kann. Wie stumpf die Menschen leider auch sein können – und wofür?

Wir werden schlicht mit unseren Gefühlen nicht fertig, sie treiben uns, sie verhindern, dass wir innehalten und uns einen Überblick verschaffen, sie gaukeln uns vor, dass es im Geistigen keine festen Punkte gebe, weil sie uns überwältigen, uns vor uns selbst bloßstellen, uns in Scham vor uns stürzen, gar in Selbsthass.


Wir müssen uns aber von unseren Gefühlen nicht vorführen lassen.


Es geht nur um Bewusstwerdung und Selbstbeherrschung, damit löst man die Grundfragen unseres Daseins, nämlich die nach Sinn und Angemessenheit, und bewältigt von da aus das immer Konkrete. Der erste Schritt: Innehalten, sich selbst anschauen, sich umschauen. Der zweite Schritt: die eigene Ordnung erstellen; dieser Passus nun freilich hat 1000 Unterschritte. Wir haben einen Begriffsansatz von „All“ (zeitlich, räumlich, inhaltlich-systematisch), deshalb benötigen wir das geistige Band über den Augenblick hinaus, was Sinn, Ordnung bedeutet, die per se nicht in Widerspruch zu Wahrheit und Freiheit geraten dürfen, woraus sich die Dialektik der 1000 Schritte ergibt.

Es geht im Prinzipiellen doch nur um das argumentative Einlösen eines Angemessenheits-Maßstabes für Handlungen.

Was wir Leben nennen sind ungeheure Kräfte, sie schenken und sie stürzen, einige Gesetzmäßigkeiten meinen wir erfasst zu haben, das Meiste aber ist Geheimnis. Wer nicht Spielball sein will hat keine Wahl als souverän zu werden.


Sicher, man könnte frei sein wie der geworfene Stein, der sich einbildet, er könne fliegen.


Für diejenigen, für die alles Illusion sein mag:
sie haben das Leben noch nicht gespürt – weder den Schmerz (physisch und psychisch) noch das Glück, am wenigsten die Liebe, bei sich selbst und anderen;
gerade das sei ja die Illusion, der sie sich durch Abstand entziehen oder die sie geil abreiten wollen würden;
damit nehmen sie sich selbst nicht ernst, entwerten alles, so erleichtern sie es sich subjektiv, Täter zu werden oder zu sein.


Erst komme das Fressen, dann die Moral – falsch: wer nicht erfasst und dahinter steht, dass es sich umgekehrt verhalten muss, ist nicht zum Geist erwacht.